2D-Modellierung vs. 3D-Modellierung in der Bestandserfassung

Die Zeit ist im Wandel. Während in vielen Bereichen noch in 2D gearbeitet wird, haben andere schon längst die Vorteile der 3D-Modellierung erkannt und umgesetzt. Besonders in den Bereichen der Industrie und im Fahrzeugbau hat sich die 3D-Modellierung fest etabliert und entwickelt sich stetig weiter.

In der Architektur erleben wir eher einen zaghaften Umstieg. Die 2D-Auswertungen von Grundrissen, Schnitten und Ansichten bilden eine gewohnte und fest verwurzelte Grundlage für die kreative Planungs- und Umbauarbeit. Auf Skizzenpapier werden Ideen entwickelt, Materialien vergeben, Räume eingerichtet – und im Anschluss digital umgesetzt.

Oft werden wir gefragt, wo der eigentliche Mehrwert eines 3D-Modells liegt? Wo genau sind die Vor- bzw. Nachteile der 2D- oder 3D-Modellierung und welche Variante sollten Sie in Ihrem nächsten Projekt verwenden?

2D-Modellierung

Bei einer Auswertung in 2D werden meist Grundrisse, Detailpläne, Fassadenansichten und Schnitte gefertigt. Dabei werden die Anzahl und die Lage vorab fest definiert. 2D-Pläne existieren bereits seit vielen Jahren; die Pläne sind standardisiert, für jedermann verständlich und entsprechen definierten Genauigkeitsrichtlinien. Die Daten sind kompakt und weisen eine geringe Dateigröße auf. Ihr Austausch ist unkompliziert und von jeder Software lesbar.

2D-Grundriss 2D-Modellierung

3D-Modellierung

Die 3D-Modellierung ist die moderne Form der Gebäudedokumentation. Die gesamten Elemente „Bau“, die technische Ausstattung und bei Bedarf auch die Möblierung werden „as-built“ erfasst und im 3D-Modell in XYZ-Dimension dargestellt. Dabei unterscheiden wir die Modellierung als reines Draht-Kantenmodell und die Modellierung als ein parametrischen 3D-Modell. Dafür werden Softwarelösungen wie z. B. Autodesk Revit oder ArchiCAD verwendet.

Das Draht-Kantenmodell ist oft ausreichend für Umbauplanungen und Kollisionserkennungen, bietet aber über die reinen Geometriedaten keine weiteren Informationen zum Objekt.

Parametrische Modelle haben Bauteilbibliotheken, fest oder frei definierte Parameter in den Bauteiltypen (Wände, Decken, Treppen, Fenster, Türen) und können mit Abhängigkeiten zueinander platziert werden. Viele Informationen, die bisher in aufwendigen Zusatzlisten geführt wurden, können direkt im Modell integriert oder mit dem Modell verknüpft werden.

Bei der 3D-Modellierung können sich die Kunden die Objekte gut vorstellen; Modellableitungen für Detailansichten oder komplizierte Gebäudebereiche lassen sich schnell an jeder beliebigen Position erstellen. Der Datenaustausch erfolgt über die IFC-Schnittstelle (Industry Foundation Classes) und kann von vielen 3D-Softwarelösungen referenziert und importiert werden.

3D-Modell Feuerwache3D-Modellierung | Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Stadtverwaltung Crailsheim

2D-Modellierung vs. 3D-Modellierung (parametrisch) in der Bestandserfassung

Für beide Auswertungsmethoden werden nahezu identische Grundlagen verwendet. Handaufmaße, Vermessungen, Scandaten (Punktwolken) von Laserscannern und Drohnen, Messbilder, Fotos, historische Unterlagen und Baubeschreibungen kommen zum Einsatz. Die wesentlichen Unterschiede liegen in der weiteren Bearbeitung und werden in der nachfolgenden Tabelle beschrieben und erläutert.

  2D-Modellierung 3D-Modellierung
Hardwareanforderungen 8 – 16 GB RAM
Microsoft Windows 7 – 10
Festplattenspeicherplatz 6 GB
Prozessor: 2 GHz
16 – 64 GB RAM
Microsoft Windows 10
Festplattenspeicherplatz 30 GB
Prozessor: mehr als 3 GHz
Softwarelösungen z. B. AutoCAD, GEOgraf, Card_1, MicroStation, BricsCAD z. B. Autodesk Revit, ArchiCAD, MicroStation, AutoCAD Architecture, Allplan
Anforderungen an den Modellierer Eine gute Ausbildung und Fachverstand sind gute Voraussetzungen für die Erstellung von 2D-Plandaten. Die Arbeit mit den verschiedenen Softwarelösungen ist meist schnell erlernbar und bedarf keiner langen Einarbeitungszeit. Die 3D-Softwarelösungen unterscheiden sich meist stark voneinander. Ohne eine entsprechende Schulung in der Software ist der Einstieg oft schwierig und zeitaufwendig. Der Modellierer selbst sollte geschickt generalisieren und wichtige Details von unwichtigen unterscheiden können, damit die Modelle nicht unnötig Datenspeicher verbrauchen. Hier spielen Erfahrung, eine gute Ausbildung und ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen eine wichtige Rolle.
Genauigkeiten und Standards Definiert über diverse Genauigkeitsklassen und -stufen und über DIN-Vorschriften und Regelwerke Definiert über BIM-Standards und das Level of Detail (LOD)

Beispiele für LOD 100, LOD 200, LOD 300, LOD 400 (Level of Detail) - ArchitekturBeispiele für LOD 100, LOD 200, LOD 300, LOD 400 (Level of Detail) - Architektur

 

Beispiel für LOD 100, LOD 200, LOD 300, LOD 400 (Level of Detail) - IndustrieBeispiel für LOD 100, LOD 200, LOD 300, LOD 400 (Level of Detail) - Industrie

 

  2D-Modellierung 3D-Modellierung
Verformungsgerechtes Aufmaß An der Position des Gebäudeschnitts ist es sehr einfach die Pläne verformungsgerecht zu erstellen, z. B. eine schiefe Wand schief zu zeichnen. Leider spiegelt diese Darstellung nicht das gesamte Gebäude wie „as-built“ wieder, sondern immer nur den jeweiligen Ausschnitt. Modell bleibt Modell! Eine komplette verformungsgerechte Modellierung ist zwar möglich aber sehr aufwendig, teuer und kann nur schwer exportiert und weiterverarbeitet werden. Eine Anwendung von Standards und eine Absprache mit dem Kunden vor Projektstart ist sehr sinnvoll und empfehlenswert.

Verformungsgerechtes 3D-Modell Autodesk RevitVerformungsgerechtes 3D-Modell Autodesk Revit

 

  2D-Modellierung 3D-Modellierung
Auswertezeit Die Zeit ist immer abhängig vom Umfang der Auswertung. Routinierte Modellierer sind dabei schneller als Neueinsteiger.
Beispiel: EFH mit Keller, EG, OG, Dach, 4 Fassaden und 2 Vertikalschnitten ca. 40 Std.
Professionelle und erfahrene 3D-Modellierer erzielen eine fast identische Auswertezeit wie 2D-Modellierer. Bei großen Projekten verändert sich die Auswertezeit sogar zugunsten der 3D-Modellierung.
Beispiel: EFH mit Keller, EG, OG, Dach, 4 Fassaden und 2 Vertikalschnitten ca. 40 Std.
Planableitungen Jeder Plan (Grundriss, Schnitt, Ansicht) wird explizit gezeichnet; die Lage und Blickrichtung der Pläne sollte vorab definiert werden. Änderungen und Ergänzungen sind mit viel Nacharbeit verbunden. Die Pläne sind je nach Genauigkeitsstufe sehr detailliert, da möglichst viele Informationen zum Gebäude im Plan dargestellt werden müssen. Planableitungen können schnell an jeder beliebigen Position im Modell generiert werden. Eine exakte Absprache z. B. bezüglich der Lage und Blickrichtung von Vertikalschnitten ist noch bis zum Ende des Projekts möglich und jederzeit veränderbar. Die Planableitungen sind vom Informationsgehalt nicht mit den Plänen der 2D-Auswertung vergleichbar, da die gesamten Informationen im Modell stecken und nicht im Plan definiert werden müssen. Viele Kunden sind zunächst enttäuscht über die relativ einfachen Pläne aber am Ende überzeugt und begeistert von den vielen Informationen und Möglichkeiten im Modell.

Grundriss 2D-Auswertung	Grundriss 2D-Auswertung

 

Ableitung aus 3D-ModellAbleitung aus 3D-Modell

 

  2D-Modellierung 3D-Modellierung
Planungsgrundlage Geeignet für weitere Planungen in 2D. Geeignet für weitere Planungen in 3D.
BIM-Fähigkeit Wenig geeignet zur Weiterverarbeitung in einer BIM-Software Perfekt geeignet zur Weiterverarbeitung in einer BIM-Software.
Zusatzinformationen Zusatzinformationen (z. B. Materialien, Bauzustand) zum Objekt müssen in externen Dokumenten erfasst und/oder über Beschriftungen und besondere Geometrietypen (z. B. Schraffuren, Symbole, Farb- und Linientypen) im Plan selbst ergänzt werden. Alle Zusatzinformationen können direkt am Objekt gespeichert, abgerufen, ausgegeben und gelistet werden.
Ausgabe von Bauteillisten (z. B. Fenster- und Türlisten) Die Bauteillisten werden meist händisch erstellt und in Form von Dokumenten, wie z. B. Excel- oder Word-Dateien, übergeben. Dabei schleichen sich oft Zahlendreher, Dopplungen und andere Fehlerteufel ein. In einer parametrischen 3D-Modellierungssoftware können die Bauteillisten automatisch generiert werden. Fehlerquellen durch den Bearbeiter selbst werden minimiert.
Bauteilbibliotheken, Blöcke Auch in der 2D-Modellierung können Bibliotheken erstellt und genutzt werden; variable Blöcke (z. B. für Fenster und Türen), Zellen oder Signaturen kommen zum Einsatz und vereinfachen die Arbeit. Diese Blöcke sind aber ohne die dritte Dimension und werden für den Datenaustausch meist in die Urgeometrie zerlegt. Viele parametrische 3D-Softwarelösungen bieten bereits vorhandene Bauteilbibliotheken an, die den Start in die 3D-Modellierung erleichtern. Im Modellierungsverlauf wird man aber schnell feststellen, dass diese Vorgaben meist nicht ausreichen, um ein gesamtes Projekt zu bearbeiten. Die Erstellung von neuen benutzerdefinierten Bibliothekselementen (z. B. Autodesk-Revit-Familien) erfordert etwas Erfahrung und funktioniert in der Praxis meist nicht ohne Schulung.
Zusammenarbeit verschiedener Gewerke Wenn alle zusammentreffenden Gewerke (z. B. Heizung, Sanitär, Elektro) auf die dritte Dimension verzichten können, ist die Zusammenarbeit aufgrund des einfachen Datenaustausches leicht möglich. Liegt das Bestandsmodell in 3D vor, sollten alle zusammenarbeitenden Gewerke ebenfalls ihre Planungen in 3D erstellen. Eine Kombination von 2D- und 3D-Daten ist für die Planung und Erkennung von engen komplizierten Bereichen (z. B. in Technikräumen) wenig sinnvoll.
Kollisionsprüfung Eine komplette Kollisionsprüfung ist im 2D-Plan fast unmöglich, da nur bestimmte Schnittbereiche dargestellt werden und nie das gesamte Gebäude betrachtet wird. Die Vorstellung und Erkennung von Kollisionen allein durch Linien und Höhenbeschriftungen erfordert eine hohe Vorstellungskraft und Kenntnis über die Situation vor Ort. Mit Hilfe von 3D-Modellen lassen sich oftmals Kollisionen am PC zu eliminieren, noch bevor sie auf der Baustelle entstehen. Dazu sollten alle Gewerke in 3D modellieren, um später diese Modelle zu vereinen und überprüfen zu können.
Neben der Kollisionsprüfung können aber auch Freiräume (Arbeitsräume) definiert werden, die bei der Bauausführung besonders wertvoll sind.

Kollisionsbeispiel 3D-Modell Kollisionsbeispiel 3D-Modell

  2D-Modellierung 3D-Modellierung
Visualisierung Die räumliche Vorstellung eines kompletten Gebäudes an Hand von 2D-Plänen erfordert eine gute Vorstellungskraft des Kunden. Zur Visualisierung werden oft Skizzen angefertigt, Modelle gebaut und Bilder gerendert. Das 3D-Modell eignet sich perfekt zur Visualisierung. In Kombination mit einer Punktwolke und dem gescannten Gebiet um das Objekt herum kann dem Kunden demonstriert werden, wie später das fertige Haus in der Umgebung aussehen soll. Sie können Sonnenstudien oder die später fertige Möblierung präsentieren. Dank VR-Technologie kann der Kunde sich auch selber durch das Modell bewegen und so viel besser verstehen, was ihm vorschlagen wird. Was früher noch aufwendig mit einzelnen Fotos oder von Hand gebauten Modellen gezeigt wurde, kann heute am Computer generiert werden. Sollte dem Kunden mal etwas nicht gefallen, wird es schnell und unkompliziert am PC geändert.

Eventhalle in Zusammenarbeit mit ewerk und adhoc engineering GmbHEventhalle in Zusammenarbeit mit ewerk und adhoc engineering GmbH

 

Haus mit PunktwolkeHaus mit Punktwolke

 

  2D-Modellierung 3D-Modellierung
Datengröße Klein
Aufgrund der reinen Geometriedaten und der einfachen Zeichenelemente werden die 2D-Daten meist nicht so groß wie die 3D-Modelldaten. Der Austausch und der Versand sind einfach und unkompliziert.
Groß bis sehr groß!
Aufgrund von deutlich mehr Informationen im Modell plus der dritten Dimension werden die Daten von 3D-Modellen deutlich größer als die 2D-Daten. Diese Dateigrößen könnten den Austausch zwischen den Projektpartnern ohne vorherige Absprache schwierig machen. Externe Datenträger, ein eigener Server oder cloudbasierte Lösungen (z. B.: BIM 360, SharePoint) bieten erfahrungsgemäß gute Austauschmöglichkeiten.

Beispiel kleines Gebäude:

  2D-CAD-Datei 3D-CAD-Datei
Speicherplatz 0,6 MB 130 MB

 

  2D-Modellierung 3D-Modellierung
Austauschformat DXF, DWG… sehr einfach und von jeder Software lesbar IFC – Das Austauschformat für 3D-Modelle entwickelt sich immer weiter und verbessert sich. Bei der Verwendung der 3D-Modelle als Referenzmodelle gibt es kaum Veränderungen in der Performance. Beim direkten Import sollten die Export- und Importeinstellungen genau geprüft und definiert werden.

 

Fazit

Welche Modellierungsart sollten Sie nun einsetzen? Beide Auswertungsmethoden haben durchaus ihre Berechtigung und können sinnvoll eingesetzt werden. Welche Methode für Ihr Projekt die effektivste ist, hängt von vielen Faktoren ab. Welche Informationen brauchen Sie, welche Voraussetzungen bringen die einzelnen Projektpartner mit und wie viel sind Sie bereit zu investieren? Brauchen Sie eine Visualisierung oder wollen Sie die Daten später weiterverarbeiten? Arbeiten die Projektpartner vor Ort oder wird ein digitaler Zwilling benötigt?

In immer mehr Bereichen überwiegen und werden die Vorteile der 3D-Modellierung erkannt. Durch eine gründliche Projektabsprache vor Modellierungsstart können Standards und Auswertestrategien besprochen und festgelegt werden.

Sollten Sie dennoch Zweifel haben, welche Modellierungsart für Ihr nächstes Projekt geeignet ist, zögern Sie nicht und rufen Sie uns an unter +49 (0) 351 - 82 87 33 60 oder schreiben Sie eine E-Mail an modellierung@laserscanning-europe.com. Wir helfen Ihnen gerne weiter.

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